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Versorgung für Hochschüler

Der Anspruch auf Alimente für Studierende

Sind Erziehungsberechtigte verpflichtet, ihrem Nachwuchs ein Studium zu ermöglichen?

In der Tat. Da Eltern dazu angehalten sind, ihrem Nachwuchs die Finanzierung einer beruflichen Qualifizierung zu gewähren, haben Kinder prinzipiell auch während ihrer akademischen Laufbahn Anspruch auf Unterstützung. Dies liegt daran, dass ein Studium als eine Form der beruflichen Bildung betrachtet wird. Hieraus leitet sich zugleich die Begrenzung für den Alimentationsanspruch von Studierenden ab. Hat das Kind nämlich vor Aufnahme des Studiums bereits eine andere Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, beispielsweise eine Lehre, stellt sich die Frage, ob die Erziehungsberechtigten zusätzlich für das Studium aufkommen müssen. Diesbezüglich möchten wir Sie bitten, unser Kapitel ▸ „Zweite Ausbildung' zu konsultieren.

Ab wann besteht ein Anspruch auf Alimente im Rahmen eines Studiums?

Grundsätzlich beginnt der Anspruch auf Unterhaltsleistungen erst ab demjenigen Monat, in dem das erste Semester beginnt. Allerdings gewähren die Gerichte Abiturienten eine Erholungsphase von bis zu drei Monaten nach Schulabschluss. Während dieser Zeit der Erholung besteht die Unterhaltspflicht der Erziehungsberechtigten weiterhin fort. Jedoch gilt dies nach aktueller Rechtsprechung nicht, wenn dem Studium ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder gar eine Erwerbstätigkeit vorangestellt war. Der Grund für diese Ungleichbehandlung ist die Annahme, dass man sich vom Abitur erholen muss, jedoch nicht vom FSJ.

Welche Höhe hat der Unterhaltsanspruch von Studierenden?

Gemäß der Düsseldorfer Tabelle haben Studierende einen einheitlichen Bedarfssatz von 990 Euro monatlich. Dieser Bedarfssatz ist prinzipiell unabhängig vom Einkommen der Erziehungsberechtigten. Bei sehr guten Einkommensverhältnissen der Erziehungsberechtigten - also ab einem kumulierten anrechenbaren monatlichen Netto-Einkommen beider Elternteile von über 5.000 Euro - kann dieser Betrag jedoch angehoben werden.

Zu den 990 Euro kommen noch die Ausgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Studiengebühren hinzu. Im Übrigen sind grundsätzlich alle Kosten abgedeckt.

Der Betrag von 990 Euro beinhaltet eine Warmmiete von bis zu 440 Euro. Sollte es sich als absolut unmöglich erweisen, eine Unterkunft zu diesem Preis anzumieten, kann der Betrag von 990 Euro entsprechend und angemessen erhöht werden.

Die anrechenbaren eigenen Einkünfte des Kindes können die Unterhaltsschuld beider Erziehungsberechtigter reduzieren, wie nachfolgend erläutert.

Welcher Erziehungsberechtigte ist unterhaltspflichtig?

Im Falle eines Studierenden sind beide Erziehungsberechtigten gleichermaßen zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Weitere Details hierzu finden Sie in unserem Kapitel ▸ „Die Verteilung der Unterhaltspflicht auf beide Elternteile'.

Jedem unterhaltspflichtigen Erziehungsberechtigten müssen bestimmte Beträge mindestens verbleiben. Diese sogenannten Selbstbehaltssätze finden Sie ▸ hier.

Eigenes Einkommen des Studierenden

Studierende sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, selbst während der Semesterferien. Ausnahmen gelten lediglich für Praktika und für Studenten, die in einem Werkvertrag beschäftigt sind. Arbeitet ein Studierender dennoch nebenher, so gilt Folgendes: Ein Teil davon, mindestens 100 Euro, bleibt als berufsbedingte Ausgabe anrechnungsfrei. Der darüber hinausgehende Betrag wird insoweit nicht angerechnet, als die Erziehungsberechtigten nicht den vollen studentischen Unterhalt leisten. Dieser beträgt laut Düsseldorfer Tabelle 990 Euro (oder, nach Anrechnung des Kindergeldes, welches vollständig an den Studierenden auszuzahlen ist, 735 Euro).

Beispielrechnung: Der Studierende erhält von seinen Erziehungsberechtigten monatlich lediglich 500 Euro an Unterhalt und zusätzlich das Kindergeld in Höhe von 255 Euro, was zusammen 755 Euro ergibt. Da der Unterhaltsbedarf laut Tabelle eigentlich bei 990 Euro liegt, erhält er also 235 Euro zu wenig.

Verdient dieser Studierende nun nebenbei beispielsweise 500 Euro, so erfolgt die Berechnung wie folgt:

Erstens bleiben vom Einkommen 100 Euro als berufsbedingte Aufwendungen steuerfrei.

Zweitens: Von dem verbleibenden Betrag (400 Euro) bleiben ebenfalls weitere 235 Euro anrechnungsfrei, also der fehlende Unterhaltsbetrag. Es verbleiben 165 Euro übrig, die nach dem Prinzip der „Billigkeit' angerechnet werden, üblicherweise also etwa zur Hälfte. Die Erziehungsberechtigten können den Unterhalt somit nur um maximal 82,50 Euro kürzen, also von den bisher gezahlten 500 Euro auf 417,50 Euro.

Selbst diese Kürzung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Erziehungsberechtigten tatsächlich finanziell nicht mehr als 500 Euro Unterhalt leisten konnten. Sollte es hingegen so sein, dass die Erziehungsberechtigten zwar mehr hätten zahlen können, dies jedoch einfach nicht getan haben, dann wird keinerlei Einkommen des Studierenden angerechnet.

Andere eigene Einnahmen des Kindes (wie beispielsweise aus Aktiengeschäften oder Mieteinnahmen) werden in vollem Umfang berücksichtigt.

Wie lange darf das Studium dauern?

Der Anspruch auf Unterhalt besteht in jedem Fall für die Dauer der gesetzlichen Regelstudienzeit.

Wird die Regelstudienzeit überschritten, besteht weiterhin ein Unterhaltsanspruch, wenn in dem betreffenden Studienfach die Überschreitung der Regelstudienzeit als üblich angesehen wird (Beschluss des OLG Schleswig FamRB 2003,176; Beschluss des OLG Hamm FamRZ 1999,886). Aus diesem Grund kann beispielsweise ein Jurastudent auch noch im zwölften Semester Unterhalt fordern, da das Studium bei den meisten Jurastudenten diese Dauer aufweist.

Einzelne Gerichte sprechen sogar generell einen Unterhaltsanspruch bis zum 15. Semester zu (Beschluss des OLG Koblenz, NZFam 2015,1064).

Der Unterhaltsanspruch endet grundsätzlich spätestens mit der Überschreitung der maximalen Förderungsdauer gemäß BAföG (Beschluss des OLG Hamm NJW 1982,2325; Beschluss des OLG Köln FamRZ 1999,1162).

Wird im konkreten Fall sogar diese Obergrenze überschritten, so hängt die weitere Unterhaltspflicht davon ab, aus welchen Gründen die Studienzeit verlängert wurde. Hat der Studierende zwischendurch ein „Bummelstudium' betrieben, so kann er keinen weiteren Unterhalt verlangen. Anders verhält es sich, wenn das Studium durch sinnvolle, wenngleich nicht zwingend erforderliche Bildungsmaßnahmen verlängert wurde, beispielsweise durch ein Auslandssemester. Erst recht besteht die Unterhaltspflicht selbstverständlich weiterhin, wenn das Studium infolge einer Erkrankung unterbrochen werden musste. Eine unschädliche Verlängerung des Studiums kann auch dadurch eintreten, dass der Studierende parallel arbeiten musste, weil die Erziehungsberechtigten den Unterhalt nicht zahlten.

Für eine Promotion kann in der Regel kein Unterhalt geltend gemacht werden.

Bis zum zweiten oder dritten Semester dürfen Studierende die Studienrichtung wechseln, ohne ihren Anspruch auf Unterhalt zu verlieren, falls sich herausstellt, dass die anfängliche Studienwahl nicht die richtige war (Beschluss des OLG Brandenburg NZFam 2014,857).

Wird das Studium erst nach längerer Zeit nach dem Schulabschluss aufgenommen, liegt ein verzögerter Ausbildungsbeginn vor. Wie sich dies auf den Unterhaltsanspruch auswirkt, erfahren Sie in unserem Kapitel ▸ „Kindesunterhalt bei Ausbildungsverzögerung.'

Masterstudiengang

Ob eine Unterhaltspflicht für einen Masterstudiengang im Anschluss an einen Bachelor-Studiengang besteht, ist Gegenstand von Auseinandersetzungen.

Einige Gerichte bejahen generell eine Unterhaltspflicht für die Dauer eines Masterstudiums (Beschluss des OLG Koblenz NZFam 2015/1064). Die Mehrheit der Gerichte konzentriert sich jedoch darauf, ob zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang besteht (Beschluss des OLG Celle FamRZ 2010,1456; Beschluss des OLG Brandenburg FamRZ2011,1067).

Zweitstudium

Zum Thema Zweitstudium oder Studium nach einer abgeschlossenen Lehre lesen Sie bitte das Kapitel ▸ „Wann sind Erziehungsberechtigte zu einer Zweitausbildung verpflichtet?'

Unterhalt nach Beendigung des Studiums

Nach Abschluss des Studiums müssen ehemalige Studierende innerhalb einer Bewerbungsfrist von drei Monaten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Dies gilt auch, wenn sie das Studium abgebrochen haben. Sollten sie keine Anstellung in ihrem Studienfach finden, müssen sie nach Ablauf der Dreimonatsfrist auch andere Tätigkeiten aufnehmen, notfalls sogar Hilfsarbeiten.

Lang verzögerter Studienbeginn

Liegt zwischen dem Ende der Schulzeit und dem Beginn des Studiums eine außerordentlich lange Periode (zwei Jahre oder mehr), so kann der Unterhaltsanspruch möglicherweise aufgrund eines ▸ verzögerten Ausbildungsbeginns eingeschränkt sein.