Migräne: Psychische Ursachen
Ursachen & Auslöser von Migräne
Migräne stellt eine neurobiologisch verursachte Funktionsbeeinträchtigung des Gehirns, der Hirnhaut (Dura mater) und der zugehörigen Blutgefäße dar, wobei eine genetische Prädisposition existiert. Im Verlauf einer Migräneattacke tritt eine temporäre Dysfunktion schmerzregulierender Mechanismen auf, was bedeutet, dass die betroffene Person übermäßig empfindlich auf Reize reagiert.
Gefäßbedingte Mechanismen
In der Vergangenheit gingen Wissenschaftler von einer Fehlregulation der Blutgefäße im Gehirn aus. Dementsprechend zogen sich die Blutgefäße kurz vor einer Migräneattacke zusammen, was zu einer verminderten Durchblutung der betroffenen Hirnregion führte. Als überkompensierende Gegenreaktion weiteten sich die Blutgefäße dann aus. Diese Gefäßerweiterung rief die typischen Migräneschmerzen hervor. Heutige Erkenntnisse widerlegen diese Erklärung jedoch.
Überaktivität der Nervenzellen & Entzündungsreaktion des Gehirns
Jüngsten Forschungsergebnissen zufolge basiert das Geschehen vermutlich auf einer Störung des Gleichgewichts von Schmerzzentren im Hirnstamm. Mithilfe spezifischer bildgebender Verfahren (Positronenemissionstomographie) konnte demonstriert werden, dass im Gehirn ein Areal - das sogenannte Migräne-Zentrum im Hirnstamm (periaquäduktales Grau) - aktiviert und stärker durchblutet wird. Dieses "Migräne-Zentrum" reagiert hypersensibel auf Reize. Daher geht man heutzutage davon aus, dass eine Migräneattacke mit einer Überaktivität von Nervenzellen im Hirnstamm ihren Anfang nimmt (neurovaskuläre Theorie).
Es besteht eine essenzielle Verbindung zwischen den Blutgefäßen des Gehirns und den Nervenzellen des Gesichtsnervs (Nervus trigeminus). Sehr feine Aufzweigungen des Trigeminusnervs befinden sich in den Wänden sämtlicher Blutgefäße im Gehirn. Die Hyperaktivität der Nervenzellen im Hirnstamm bewirkt, dass die (C-)Fasern des Trigeminusnervs Schmerzsignale an das Gehirn senden (über den trigemino-thalamischen Trakt). Dies führt zudem zu einer erhöhten Freisetzung von sogenannten Botenstoffen (vasoaktive Neuropeptide), welche eine Dehnung der Blutgefäße verursachen und die Gefäßwände für Blutflüssigkeit permeabel machen (Extravasation) sowie bestimmte Blutkomponenten (z.B. entzündliche Eiweißstoffe) freisetzen. Dies resultiert in einer Aufschwemmung und einer Art Entzündung des Hirngewebes und der Hirnhäute. Diese sogenannte neurogene Entzündung löst wiederum Schmerzimpulse aus, die sich ausbreiten und den Migränekopfschmerz verursachen. Eine solche Entzündung verstärkt die Schmerzempfindlichkeit derart, dass die Pulsschlagwelle des Blutes als pochender Schmerz wahrgenommen wird.
Einfluss der Neurotransmitter
Die Neurotransmitter des Gehirns sind chemische Substanzen, die unter anderem Nervensignale weiterleiten, die Weitung oder Verengung der Blutgefäße regulieren und Schmerzsignale initiieren. Von allen Neurotransmittern spielt Serotonin eine besonders wichtige Rolle bei der Entwicklung von Migräne. Die Serotoninkonzentration im Blut variiert im Laufe des weiblichen Zyklus. Dies erklärt teilweise das Auftreten von Migräneattacken während des Menstruationszyklus. Ebenso können bestimmte Lebensmittel und Genussmittel, beispielsweise Rotwein, die Serotoninausschüttung stimulieren.