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U-Bahnhof Wittenbergplatz

Der Wittenbergplatz wurde in der Zeitspanne von 1889 bis 1892 errichtet. Die Namensgebung gedenkt der Schlacht bei Wittenberg vom 13. Januar 1813, ähnlich wie etliche weitere Straßen und Areale im sogenannten Generalszug an die Befreiungskriege zwischen den Stadtbezirken Kreuzberg und Charlottenburg erinnern.

Querschnittzeichnung Untergrundbahnhof Wittenbergplatz (aus [1] übernommen), Zustand von 1902 bis zur Umgestaltung der Anlage

Die im Jahre 1902 gebaute Hochbahn, von der Warschauer Brücke kommend, tauchte ab der damaligen Stadtgrenze zur eigenständigen Stadt Charlottenburg in den Untergrund ein, was dem Wunsch der Stadtväter entsprach. Der U-Bahnhof Wittenbergplatz war zunächst, analog zu den nachfolgenden Untergrundbahnhöfen, mit Seitenbahnsteigen konzipiert. Die Firma Siemens erblickte hierbei eine optimierte Trennung der Passagierströme und sprach sich für dieses Bahnsteigkonzept aus.

Wittenbergplatz 1908: Von den Seitenbahnsteigen aus führten jeweils Treppenaufgänge ohne Zwischengeschoss zur Oberfläche. In dem kleinen Gebäude zwischen den Treppenaufgängen erfolgte der Verkauf der Fahrscheine

Im späteren Verlauf konnte sich der Betreiber gegenüber der Firma Siemens behaupten, sodass ab dem Jahr 1908 keine Seitenbahnsteige mehr (ohne architektonische Notwendigkeit) realisiert wurden. Ein Stellwerk Wittenbergplatz existierte ab 1902 noch nicht, da die Haltestelle noch keine Weichen bekommen hatte. Einzig und allein die beiden Zugabfertiger auf den Seitenbahnsteigen besaßen ein Blockwerk, durch welches die Zugfolge der Schnellbahn über einen 4-Felderblock geregelt wurde. Für Informationen zur Zugfolgetechnik, bitte hier weiterlesen.

Für das Jahr 1913 war eine Gabelung der Bahnstrecke westlich des Bahnhofs Wittenbergplatz vorgesehen. Eine Entlastungsstrecke zum Gleisdreieck sollte in östlicher Richtung des Bahnhofs abzweigen. Aus diesem Grund war eine umfassende Erweiterung des Bahnhofs notwendig. Es wurde sogar eine weitere Erweiterung einkalkuliert, inklusive dem Bau eines bis dato ungenutzten Tunnels unterhalb des östlichen Gleisfeldes sowie einer potentiellen nördlichen Bahnsteigerweiterung.

Der U-Bahnhof Wittenbergplatz erhielt im Jahr 1913 erstmals ein Stellwerk, um die Weichen zu bedienen. Ergänzend zu den gewöhnlichen Strecken von Nollendorfplatz und nach Zoologischer Garten wurde die Zugfolge wie zuvor im gesamten Streckennetz der Hochbahn mittels des Felderblocks gesteuert. Da sich die Zugfolge durch diese Vorgehensweise nicht weiter intensivieren ließ, forderte der Betreiber von der britischen Firma Westinghouse und der deutschen Firma Siemens die Installation von automatischen Signalanlagen. Westinghouse rüstete die 1913 eröffnete Strecke vom Spittelmarkt zum Nordring mit ihrem seit Jahren bewährten System der Londoner U-Bahn aus, Siemens hingegen die neuen Strecken ab Wittenbergplatz nach Thielplatz und zur Uhlandstraße.

Aufnahme Stellwerk Wittenbergplatz 1913: Die Strecke zur Uhlandstraße wurde bis zur Inbetriebnahme des Tunnelbahnhofes Nollendorfplatz nur eingleisig befahren. Links auf der Tafel die bis 1926 nur zweigleisige Anbindung nach Nollendorfplatz (oben). Erst im Jahr 1926 wurde der bereits einige Jahre zuvor im Rohbau fertiggestellte, zweistöckige Untergrundbahnhof Nollendorfplatz (mitte und unten) an den Wittenbergplatz angebunden.

Siemens&Halske installierte auf den 1913 von ihnen auszustattenden Stellwerken Thielplatz, Breitenbachplatz, Nürnberger Platz, Wittenbergplatz und Uhlandstraße jeweils ein elektromechanisches Stellwerk des Typs E12. Die Blocksignale zwischen den Stellwerken wurden mit automatischer Schaltung und selbsttätiger Gleisfreimeldeanlage realisiert. Ab 1914 wurde die selbsttätige Signalschaltung der Firma Westinghouse vom Bahnhof Spittelmarkt über Leipziger Platz und Gleisdreieck bis zum Bahnhof Wittenbergplatz ausgeweitet (1916).

Weitere Aufnahme vom Stellwerk einige Jahre später (etwa 1915)

Ab dem Jahr 1926 wurde der Nollendorfplatz viergleisig befahren: zwei Gleise von/nach dem Hochbahnhof, sowie zwei Gleise von/nach der Tunnelstation. Der Bahnhof ist hinter den Bahnsteigen in Richtung Westen sechsgleisig: zwei Gleise führen zum Zoologischen Garten, zwei zur Uhlandstraße und die restlichen zwei zur Spichernstraße. Das Siemens-Stellwerk E12 wurde im Jahr 1926 durch ein für die Hochbahn typisches Einreihenhebelstellwerk von VES ersetzt und an die erfolgten Gleisänderungen angepasst.

Mit der Errichtung der Berliner Mauer im August des Jahres 1961 veränderte sich auch der U-Bahnhof Wittenbergplatz. Die Züge nach Nollendorfplatz oben (Hochbahn) hatten ihr Streckenende nun schon am Gleisdreieck, welches auch mit der parallel verlaufenden Entlastungslinie erreicht werden kann. Das Passagieraufkommen verringerte sich auf der alten Stammstrecke über die Bülowstraße spürbar.

Am 3. September 1973 wurde das elektromechanische Stellwerk außer Betrieb genommen. Seitdem wird der Bahnhof Wittenbergplatz vom nahegelegenen Regionalstellwerk Nollendorfplatz (RStw Nm/Wt) überwacht und seit dem Jahr 1998 von der LISI-Zentrale aus ferngesteuert.

Zum 1. Januar 1972 entschied sich die BVG aus ökonomischen Gründen dazu, den Betrieb über die Bülowstraße zum Gleisdreieck definitiv aufzugeben. Auf den Hochbahngleisen der beiden Stationen Nollendorfplatz und Bülowstraße wurden ausrangierte U-Bahnwagen aufgestellt und als Kunstgewerbe und Trödelmarkt vermarktet (Ladenfläche). Die Züge aus Richtung Krumme Lanke (ehemals U2) endeten in Wittenbergplatz und kehrten auf den Streckengleisen Richtung Nollendorfplatz / oben (No) um. Der Tunnel wurde am Tunnelportal zur Rampe zugemauert, wodurch die Rampe nicht mehr befahrbar war.

Mit dem Mauerfall nach 28 Jahren wurde die Reaktivierung der Hochbahn über die Bülowstraße wieder in Erwägung gezogen. Seit dem 13. November 1993 fuhren nach 21 Jahren die gelben Züge wieder über den Bülowbogen zum Potsdamer Platz.

Die Fahrschautafel im Zustand der Außerbetriebnahme im Jahr 1973. Sie befindet sich heutzutage im U-Bahnmuseum Berlin und kann auf Anfrage besichtigt werden.

Umsteigeverkehr in Nollendorfplatz - Obwohl beide Züge (Gleis 4 der Triebwagen 544 und auf Gleis 3 der Hk-Zug) nach Nollendorfplatz fahren, hält ein Zug im Tunnelbahnhof tief unter der Hochbahnstation, die von dem anderen Zug angefahren wird. Bequemes und zeitsparendes Umsteigen wird daher bereits in Wittenbergplatz empfohlen, was für Ortsfremde jedoch nicht direkt aus der Netzübersicht hervorgeht.

Quellen:

  • Dokumente aus dem Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten (Pläne, Abbildungen)
  • Anmerkungen und Ergänzungen aus dem freien Redaktionskollektiv Berliner Verkehrsseiten: Detlef Jentzsch, Norbert Heintze,
  • &8220;Die selbsttätige Signalanlage der Berliner Hoch- und Untergrundbahn&8221; von Alfred Bothe, Berlin 1916, 1928
  • Ergänzungen und Unterstützung vom Berliner U-Bahn-Museum (AGU)
  • [1] Ingenieurwerke in und bei Berlin, 1906, (vom Berliner Bezirksverein Deutscher Ingenieure), &8220;Die elektrische Hoch- und Untergrundbahn&8221;
  • Der Produzent: Siemens mobility

Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, 4/2010